Ein Paradies für Tiere

Der Garten Eden liegt in Frankreich. Eingerahmt von sanften Hügeln, Seen und ganz viel Ruhe finde ich ihn in einem kleinen Ort, etwa eine Stunde östlich von Limoges. Dort wohnen Platon, Parveen und Rena, Sultan und Gelu, fünf Hunde mit körperlichen Einschränkungen, gemeinsam mit fünf Katzen und der menschlichen Betreuerin Petra, die sich liebevoll um die Rasselbande kümmert.

Zwei Wochen werde ich hier verbringen, um das Leben in diesem Zufluchtsort für Tiere mit teils schwersten Behinderungen fotografisch zu begleiten, aber vor allem auch um Petra zu unterstützen.

Nach einer herzlichen Begrüßung folgt zunächst ein Ritual: Kleidung wechseln, Hände desinfizieren, eine Maske tragen, zumindest in den ersten drei Tagen und täglich einen Corona-Test machen. Auch zum Essen bleibe ich erstmal auf meinem Zimmer – Erinnerungen an vergangene Zeiten werden wach. Aber es ist wichtig, Hygiene steht an erster Stelle. Denn vor allem Sultan, ein mächtiger Hirtenhund, hat ein sehr schwaches Immunsystem nach einer schweren Operation, in der ihm die Milz entfernt wurde. Die Gefahr einer Infektion durch eingeschleppte Keime wäre einfach zu groß, deshalb tragen wir in seiner Nähe auch nach den drei Tagen „Quarantäne“ immer eine Maske.

Eine Wohlfühlgemeinschaft mit Sekretärin

Sultan teilt sich ein großes Zimmer mit Platon, Parveen und Rena und ein gemeinsames Schicksal, alle vier können ihre Hinterbeine kaum oder gar nicht mehr bewegen. Die kleine Rena hat gar keine mehr, sie mussten amputiert werden. Wie es zu den Behinderungen kam, weiß man nicht immer genau und es wird auch nicht gerne darüber gesprochen. Das Erlebte gehört zur Vergangenheit und die Mitbewohner*innen im Animal Eden Paradise sollen sich im Hier und Jetzt wohl fühlen, dafür wird alles getan.

Das fängt beim Speiseplan an, jede*r bekommt ein eigenes Menü, ganz auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt. Und hört für Sultan damit auf, dass er eine eigene „Sekretärin“ hat. Nach seiner OP konnte er lange Zeit nicht bellen, sich nicht selbst bemerkbar machen, also übernahm Rena den Job. Sobald Sultan Durst hatte oder Hilfe beim Umdrehen benötigte, hat sie Bescheid gegeben. Heute kann er zwar wieder bellen, Rena jedoch besteht weiterhin auf ihre Aufgabe und erfüllt sie mit viel Pflichtgefühl. So werden wir auch nachts mehrmals von ihrem Bellen geweckt und müssen nachsehen, wenn sie ruft. Doch sobald jemand den Raum betritt und sich um Sultan kümmert, ist Rena zufrieden, legt sich wieder hin und schläft friedlich weiter.

Überhaupt sind Rituale und ein strukturierter Alltag ganz wichtig und werden von Petra sehr gepflegt. So singt sie beispielsweise vor dem Schlafengehen jede*r Fellnase einzeln ein kleines Gute-Nacht-Lied, legt danach eine Hörspiel- oder ruhige Musik-CD ein und deckt später noch einmal alle zu.

Jeden Abend ist das ein schöner und harmonischer Abschluss, sinnbildlich für die Atmosphäre auf dem Hof, die geprägt ist vom sichtbaren Wohlbefinden seiner tierischen Bewohner*innen. Und die auch beschützt wird. Sollte jemand wagen, die Ruhe zu stören, sei es nur ein Auto, das am Hof vorbeifährt, dann stehen Platon, Parveen und Rena stramm wie die Schweizer Garde und geben Alarm.

Der Spaziergänger im Paradies

Ein weiterer Mitbewohner ist Gelu, eher ein Einzelgänger mit eigenem Reich im Wohnzimmer des Hauses. Sein Handicap sind verkürzte Vorderbeine und eine starke Arthrose, dennoch liebt er es, spazieren zu gehen. Im eigenen Tempo selbstverständlich, so legt er sich immer mal wieder hin oder sitzt einfach da und hält die Nase in den Wind. Wir haben täglich unsere Runden gedreht, je nach Tagesform eine kleine oder auch eine etwas größere durch die Wälder, Felder oder um einen der beiden Seen, die den Hof umgeben.

Neben den Hunden sind fünf Katzen in diesem Paradies zuhause, zwei teilen sich mit Petra ein Zimmer, drei weitere leben in einem liebevoll eingerichteten Katzenzimmer. Es gäbe auch ein extra Gebäude mit Außenbereich für sie, doch ist die Heizung kaputt und es fehlt eine ausreichende Isolierung, deshalb können sie dort nicht leben. Überhaupt bietet der Hof baulich noch viel Potential, dann könnten noch weitere Tiere aufgenommen werden, doch dafür fehlen finanzielle Mittel und vor allem helfende Hände.

24 Stunden Betreuung

Aktuell ist Petra die einzige menschliche Bewohnerin, die ständig auf dem Hof lebt, was zur Folge hat, dass sie rund um die Uhr im Einsatz ist. Wir haben täglich das Haus geputzt, Wäsche gewaschen, eingekauft und alle paar Tage gekocht und den Rasen gemäht. Dazu mehrmals am Tag die Hunde gefüttert, mit ihnen gespielt, sie gebürstet und massiert, die Windeln gewechselt sowie in regelmäßigen Abständen gebadet und täglich an die frische Luft gebracht. Was nicht immer ganz einfach ist, denn es reicht nicht, nur die Tür aufzumachen. Erst müssen Decken ausgelegt werden, es darf sich ja niemand verkühlen. Dann bekommt Platon einen Rolli und Sultan muss im hinteren Bereich sogar getragen werden, damit er am Gartenbesuch teilnehmen kann.

Das alles macht Petra ehrenamtlich. Um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, muss die Schweizerin mehrmals im Jahr in die Heimat reisen, dort arbeitet sie in ihrem Beruf als Krankenpflegerin. Dann übernehmen Kolleg*innen aus der Organisation die Aufgaben, kümmern sich um den Hof und seine kleine Gemeinde. Deshalb werden immer wieder Freiwillige gesucht, die vor Ort mithelfen möchten, mindestens zwei Wochen, um sich in das Leben auf dem Hof einzuarbeiten, idealweise aber länger, um Petra zu entlasten.

Ein Abschied mit Wehmut

Der Hof ist nur ein Teil der großartigen Arbeit, die die Menschen dieser Organisation leisten. Daneben engagieren sie sich international für Straßenhunde und unterstützen Tierheime und Kastrationsprogramme in Moldawien, Rumänien und in der Türkei. Alles ehrenamtlich, jeder gespendete Euro fließt zu 100 Prozent in den Tierschutz.

Für mich sind die zwei Wochen wie im Flug vergangen. Jetzt heißt es Abschied nehmen, was mir wirklich schwerfällt, mir sind die haarigen Bewohner*innen sehr ans Herz gewachsen. Natürlich ist der Aufenthalt mit viel Arbeit verbunden, aber wer sich darauf einlässt, wird mit viel Liebe und wunderbaren Erlebnissen belohnt, die noch lange nachhallen und das Leben ein Stück reicher machen.


Interessenten*innen für eine Mitarbeit im Animal Eden Paradise können sich an folgenden Kontakt wenden:

Margot Fischer
Tel.: +43 650 9258339
Email: margot@animaleden.de